26.07.2014 Xterra Italy

Scanno, das malerische und verträumte Örtchen, inmitten der Abruzzen:

Schmale Gassen und enge Treppen, Häuser, die aufeinander zu kleben scheinen, Menschen mit ihrer Herzlichkeit, die hier in scheinbar einfachen Verhältnissen leben, winzige Geschäfte, in denen die Bauern ihr Obst und Gemüse anbieten und die Frauen ihre Handarbeiten verkaufen, das alles hat es uns schon vor einem Jahr angetan.

 

Deshalb scheuen wir die weite Reise zum zweiten Mal nicht und steigen nach einer zehnstündigen Autofahrt mit schweren Beinen mitten in Scanno aus. Der süsse, fast betörende Duft der Linden schlägt uns entgegen und weckt Erinnerungen an das letzte Jahr.

 

Das Dorf erwacht gerade aus seiner Mittagsruhe, es ist kurz nach vier Uhr nachmittags und die Gassen und Kaffees füllen sich langsam wieder mit Menschen.

 

Schon die Anfahrt nach Scanno durch die Sagittarioschlucht ist wildromantisch und spannend. Hier trifft man leicht auf Wölfe und Bären sagt man uns später.

 

Dass wir heute die Laufstrecke nicht so ganz finden, ist uns egal, schon die Gegend als solche ist es wert, erkundet zu werden…..und die Beine freuen sich über ein bisschen Bewegung nach der langen Zwangspause im Auto.

 

Einen Tag später sind wir bereits begeistert auf der Radstrecke unterwegs. Technisch und sehr, sehr anspruchsvoll soll es werden.

 

Die Tage vor dem Rennen genießen wir auf dem Campingplatz direkt am Lago di Scanno.

 

Am Samstag, 11:00 Uhr, starten Michael OLIPITZ und ich gemeinsam mit Chrissi HERBST, die sich nicht gerade den leichtesten XTERRA für ihr Debüt ausgesucht hat, über 1500 Meter Schwimmen, 30 Kilometer Mountainbiken mit 1580 Höhenmetern und 10,4 Kilometern Laufen mit ca 480 Höhenmetern beim XTERRA Italy.

 

Dunkle Wolken am Start verheißen nichts Gutes, und kurz nach dem Schwimmen, beginnt es leicht zu regnen.

 

Ich stehe unverhältnismäßig gelassen am Start. Beim Schwimmen geht es anfangs schlecht, später finde ich meinen Rhythmus und steige mit 23:30 min aus dem Wasser. In der Wechselzone sehe ich kurz Karin HANSEN, 2014 das Mass aller Dinge im Amateurbereich! Beim Biken sehe ich sie noch recht lange, aber schließlich muss ich sie ziehen lassen, aber damit habe ich gerechnet. Ich zähle auf meine Schlechtwetter- und Abfahrtsqualitäten, es regnet mittlerweile recht stark.

 

Michael holt mich kurz vor Erreichen des höchsten Punktes ein und ich kann ihm in die Abfahrt folgen. Es dauert aber nicht lang und er verabschiedet sich mit einem ordentlichen Überschlag ins Gebüsch….aber alles okay, ich lasse ihn also hinter mir, er wird mich ohnehin wieder einholen. Die Abfahrt über die rutschige und sehr steile Schipiste „taugt“ mir richtig, ist aber auch schon ziemlich am Limit.

 

…Richtig, in der nächsten Steigung kommt Michael: „Einmal probier ich es noch…!“ lässt er mich wissen…ich werde ihn erst nach dem Rennen wiedersehen.

 

So, die letzte Abfahrt in der ersten Runde, ich überhole Fahrer um Fahrer, merke aber auch, dass es immer rutschiger wird und die Reifenwahl sicher nicht die optimalste war. Egal, ich muss versuchen, das Beste daraus zu machen.

 

Nach ein paar Bagatellausrutschern erwischt es mich kurz vor Ende der ersten Runde aber wirklich böse. Ich stürze kopfüber, lande mehr oder weniger auf dem Gesicht und finde mich einige Meter unterhalb der Route wieder. Ich höre noch, wie mir das Bike nachfliegt. Ich werde es später noch ein paar Meter tiefer holen müssen.  

 

Zuvor liege ich aber minutenlang und traue mich fast nicht, mich zu bewegen, weil ich nicht genau weiß, ob mit meinem Kopf und meiner Wirbelsäule wirklich alles okay ist. Nach einer gefühlten Ewigkeit stehe ich endlich auf. Es ist auch keiner da, der mir helfen kann, also bleibt ohnehin nichts anderes übrig.

 

Benommen, und gelinde gesagt, mehr als verhalten, rolle ich den Rest der Abfahrt, die relativ leicht ist, hinunter.

 

Weil ich weiß, was Adrenalin im Rennen mit dem Körper macht, checke ich vor Beginn der zweiten Runde, ob das Gefühl in den Fingern noch da ist. Aber es ist alles okay, also gibt es keinen Grund zum Aufgeben.

 

Langsam finde ich ins Geschehen zurück, zwar ist das Tempo nicht mehr hoch, und ich fahre jetzt mehr als vorsichtig hinunter, aber ein Finish will ich mir nicht nehmen lassen.

 

In Scanno springt mir die Kette zwischen Ritzel und Speichen. Ich denke mir, der Werfer hat vermutlich auch was abbekommen, springe völlig emotionslos vom Rad, reisse die Kette heraus, kriege sie nach einer weiteren Ewigkeit wieder aufs Ritzel und springe wieder aufs Bike. Das alles geschieht ohne Ärger, ohne Denken, alles ist automatisiert.

 

Beim Laufen habe ich zeitweise richtig Spass, es geht Auf und Ab, wie ein richtig schöner Trainingslauf bei Regen zu Hause.

 

Aber dann bin ich wirklichfroh, nach über vier Stunden als zweite Agegrouperin und dreizehnte Frau overall ins Ziel zu kommen. Michael wartet schon ausgeruht auf mich, er holt sich den vierten Platz in der Agegroup und Chrissi HERBST gewinnt bei ihrem ersten XTERRA ihre Altersklasse und holt sich den Slot für die WM.

 

Ein wirklich extremes und beeindruckendes Wochenende neigt sich dem Ende entgegen und nach der Rückkehr in die Heimat kommen auch die Schmerzen. Ich kann mich tagelang kaum bewegen, die Staatsmeisterschaften werde ich wohl auslassen müssen, aber bei der EPM in zwei Wochen möchte ich unbedingt dabei sein!

 

 

 

.HP des Veranstalters